Ausreise aus Deutschland
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Ausreise aus Deutschland

Das Abenteuer beginnt

Ausreise aus Deutschland

Freitag, 3. Juni

Die Koffer sind schon lange gepackt, alles unzählige male kontrolliert und doch bleibt die Frage: „Was habe ich vergessen?“

Nach einer erstaunlich tollen Nacht, mit tiefem Schlaf und sehr großer innerlicher Vorfreude klingelt um 04:30 mein Wecker – es ist soweit, es geht los!

Meine Schwester bringt mich nach Frankfurt, auf der Autobahn ist kein Verkehr, zum Glück. Sie hat sich extra einen Mercedes Vito ausgeliehen, damit wir mein gesamtes Gepäck auch ganz entspannt transportiert bekommen. Ankunft Frankfurter Flughafen, es ist sehr viel Verkehr. Pfingsten steht vor der Tür und überall sind lange Warteschlangen und Menschen, wohin man auch schaut.

Ich, 1 Fahrrad als Sportgepäck, 2 riesige Koffer, 1 Handgepäckkoffer und 1 Laptoptasche. Die letzten beiden hoffnungslose überladen – aber wer wiegt an so einem Tag schon das Handgepäck …

Sehr genau nimmt es hingegen der Sperrgepäckschalter. Trotz akutem Personalmangel und hoffnungslos überfordertem Personal.

Das Problem ist, dass der eigentlich für Tiere zuständige Schalter nicht aufhat und sich somit der Sperrgepäckschalter um die Abfertigung der unzähligen Hunde und Katzen kümmern muss. Leider sind auch die Tierbesitzer stellenweise derart überfordert und chaotisch, dass einfach alles ewig benötigt. Gedanklich lasse ich mein Fahrrad zwischenzeitlich schon in Deutschland. Denn mit Blick auf die langen Schlangen an den Sicherheitskontrollen und meiner unzähligen Elektronik im Handgepäck möchte ich einfach nur mein Gepäck loswerden. Aber, es ist sehr viel Geduld gefragt.

Nach zwei Ewigkeiten bin ich an der Reihe, doch es steht erst noch ein Personalwechsel an, natürlich, es ist ja auch schon fast 9 Uhr. Die Abfertigung der normalen Koffer geht blitzschnell, doch dann ist mein Fahrrad als Sportsperrgepäck und nicht als Fahrrad eingestuft, was unterm Strich 120€ zusätzlich bedeutet. Der Mitarbeiter versucht telefonisch einen Wissenden zu erreichen, um eine Freigabe für die Einstufung als Fahrrad hinzubekommen. Zu dem Zeitpunkt möchte ich eigentlich nur noch los und den Flug bekommen.

Irgendwann löst sich auch das Problem und es geht endlich zur Sicherheitskontrolle.

Obwohl die Schlangen sehr beachtlich sind, ist das Tempo doch erstaunlich – wahrscheinlich haben es alle eilig zum Gate zu kommen. Äußerst angespannt und nervös rechne ich ständig hoch, einen Warteschlangenbogen haben wir in 10 Minuten geschafft, 2 kommen noch – doch, müsste passen. Und ansonsten muss ich die Boardingzeit auch mal komplett ausreizen.

Je näher ich der Kontrolle komme, desto konzentrierter werde ich. Mein Handgepäck ist auf das Maximum ausgereizt und optimiert, um meinen Hals habe ich die ganze Zeit schon meinen Kopfhörer. Nicht, dass ich die ganze Zeit Musik höre, nein – er passt einfach absolut nirgendwo mehr rein.

In der Laptoptasche befinden sich Arbeits- und Privatlaptop, Netzteile, Gerätestecker und einiges an Kleinkram. Der Handgepäckkoffer enthält die Drohne, Switch, Powerbank sowie den Kamerarucksack mit Kamera, Objektiven, Speicherkarten und Drohnenwechselakkus. Ausgerechnet und abgestimmt ist alles, ich bin mit sämtlichen Akkus unter den Freigrenzen und Flüssigkeiten hab ich eh nicht dabei. Angespannt bin ich natürlich trotzdem. Letztlich brauche ich fünf Behälter, um alle Gerätschaften loszuwerden.

Um die Spannung hochzuhalten werden einige Behälter nachkontrolliert und Drohne und Kamerarucksack müssen noch zum Sprengstofftest.

Fünf Minuten vor offiziellem Boardingbeginn komme ich nassgeschwitzt und völlig fertig am Gate an. Ich habe zudem noch nichts gegessen und falle fast um, weshalb ich den gekauften Blaubeermuffin mehr inhaliere als esse.

Ich versuche runterzukommen und zu entspannen – das Abenteuer kann beginnen!

5

Gepäckstücke

9

Stunden Flug

6697

Kilometer geflogen

Eigentlich ist der Flieger (ein A330-300 der Lufthansa, bzw. wie selbst immer betont wird, der Star Alliance) ist fast ausgebucht, doch als kleine Entschädigung für den Stress im Flughafen habe ich keinen Sitznachbarn und kann mich so unverschämt ausbreiten.

Der Flug verläuft wieder äußerst entspannt, die zusätzliche Beinfreiheit und das sehr leckere Essen tragen ganz bestimmt auch dazu bei. Beim Check-in habe ich extra einen Platz auf der rechten Flugzeugseite und am Fenster gewählt um diesmal einen Blick auf Grönland zu Gesicht zu bekommen. Leider verhindern dicke Wolken das Vorhaben, ich bekomme letztlich nur noch den westlichen Zipfel von Grönland zu sehen.

Danach fall ich wieder müde in den Sitz zurück und wache erst kurz vor dem servierten Abendbrot wieder auf.

Landung! Auch wenn es schon auf dem Rollfeld wieder ersichtlich ist, dass das hier eine ganze andere Welt ist, so kommt sie mir diesmal ein wenig bekannt vor, obwohl ich auch nicht viel mehr von ihr kenne, als beim letzten mal, aber es tut gut die nächsten Schritte zu kennen.

Und genau deswegen ist mein oberstes Ziel, möglichst schnell aus dem Flieger raus und ganz vorne im Tross zu sein – nicht noch einmal möchte ich fast 2h in der Einreise verbringen …

Der Plan geht auf, und ich stehe zum Schluss nur 15min in der Schlange, bis mich die Beamtin der U.S. Customs and Border Protection zu ihrem Schalter winkt. Reisepass abgeben, Foto machen und dann kommt auch die Frage zum Grund der Einreise. Ich fange daher, wie zuvor beim Konsulatstermin, an mein Anliegen zu erklären, werde aber auch umgehend von der äußerst freundlichen Dame unterbrochen – sie hat beim Durchblättern des Reisepass bereits das Visum gefunden, und kürzt meine Ausführung mit den Worten „Oh, you’re an E2 – you can stay as long as you want! Next time, just say <I’m an E2> – that’s it. Welcome to the United States!“

Na das war ja einfach!

In der Warteschlange habe ich schon zur meiner absoluten Beruhigung mitbekommen, dass das Sperrgepäck direkt neben die normale Kofferausgabe transportiert wird und ich nicht noch später an einen anderen Schalter muss – problem solved!

Was dahingegen noch nicht gelöst ist, wie ich all das Gepäck alleine durch den Zoll transportiere. Ich schnappe mir einen Gepäckwagen, verstaue das Handgepäck und sichere mir erstmal mein Fahrrad.

Nun begeben ich mich auf die Suche nach meinen Koffern, doch ich muss mich sogar noch gedulden, ich war so zügig durch die Einreise durch, dass noch gar nicht alle Koffer am Gepäckband angekommen sind. Doch nach mehreren Runden entdecke ich ein nach dem anderen Koffer und habe alles beisammen. Nach mehreren vergebenen Tetris-Versuchen, schaffe ich es dann doch noch alle Koffer auf dem Wagen unterzubringen und nur noch meine Fahrradkoffer neben mir ziehen zu müssen.

Mit dieser Kolonne mache ich mich mit leichtem Herzklopfen auf den Weg zur Zollkontrolle. Da sämtliche von mir mitgeführten Sachen Umzugsgut sind, brauche ich mir über Einfuhrzoll eigentlich keine Gedanken machen, aber mich für jedes mitgeführte Gepäckstück rechtfertigen zu müssen, erscheint mir auch nicht tollste Aussicht, zumal ich mit Fahrrad, Sport- und Elektronikausrüstung extrem weit über den Freibeträgen sonstiger Reisen bin. Der Gedanke, auf einen mittleren vierstelligen Gepäckgegenwert auch noch Einfuhrzoll entrichten zu müssen, lag mir die letzten Tage schon schwer im Magen.

Ich begrüße den Zollbeamten, der sich im Durchgang postiert hat, mit meinem freundlichsten Good afternoon – und bekomme gleiches zurückgewünscht. Und das war es dann auch schon wieder mit dem Zoll … was mach ich mir eigentlich immer für Gedanken?!

Dem Zoll schließt sich direkt die Gepäckreklamation der Lufthansa an. Ich nutze die Gelegenheit das Fahrrad zu inspizieren, wenn etwas beschädigt sein sollte, muss ich es jetzt reklamieren, sonst wird keine Haftung übernommen. Doch bei gefühlten 2m³ Luftpolsterfolie konnte dem Fahrrad gar nichts passieren – alles in bester Ordnung.

Jetzt sind es nur noch zwei, drei Schritte, um aus der internationalen in die allgemeine Ankunftshallte im Terminal 2 zu gelangen und hier wartet schon der Fahrer des Flughafentransfers, der mich zum Büro bringen soll. Beim Anblick meiner Gepäckanzahl wird er jedoch kurz sprachlos, er ist nämlich nur mit einer Limousine gekommen … es kommt daraufhin ein zweiter Fahrer mit einem (sehr großen) FBI-SUV (ich nenne es so, weil das genau diese übergroßen Fahrzeuge sind, die die FBI-Agents in Filmen immer fahren).

Mit Fahrstuhlmusikalischer Begleitung geht’s zum Büro.

Hier soll der Autotausch stattfinden, ich darf in meinem neuen Wagen umsteigen. Dazu muss ich nur kurz eine Textmessage schreiben und schon öffnet mir Joe, der Facility Supervisor das Auto von seinem Smartphone aus.

Um weiter zum Hotel navigieren zu können, wechsle ich nun auf die vorab gekaufte US-Simkarte, die auch sofort funktioniert und ich wieder mit bestem LTE Netz versorgt bin. Zur Sicherheit und Eingewöhnung drehe ich noch zwei, drei Runden auf dem Firmenparkplatz bevor ich mich dann wieder in den Großstadtverkehr wage.

Das Hotel ist leicht zu finden und wirklich schön in einer Wohngegend gelegen, jedoch trotzdem in der Nähe von sämtlichen Malls und Einkaufsläden.

Da das Wochenende vor der Tür steht, möchte ich den ersten Abend unbedingt mit einem Burger beginnen, worauf ich mich nach Verbringungen sämtlicher Gepäckstücke ins Hotelzimmer auf die Suche nach dem nächsten Restaurant mache.

Ich lande schließlich im National Conecy Island, welches zwar nicht das hochwertigste, aber dafür das urtypischste ist. Aufgemacht in einer Art Diner, mit sämtlichen Klassikern der US-Amerikanischen Küche. Ein breites Grinsen überzieht mein Gesicht und ich genieße voll und ganz den Moment – welcome to the United States!

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