Detroit Institute of Arts
Samstag, 28. Januar
Detroit hat – laut übereinstimmender Aussagen der Arbeitskollegen – sowie untermauert durch den Reiseführer, eine Vielzahl von hochklassigen Museen jeglicher Art und Weise. So auch das DIA. DIA – das Detroit Institute of Arts ist eine der größten und bedeutendsten Kunstsammlungen der USA und zählt mit seinen fast 700.000 Besuchern jährlich zu den meistbesuchen Museen der Welt. Und das Beste für die Einwohner von Detroit + Umgebung: es ist kostenlos.
Es gibt also keinen Grund sich das Museum nicht anzuschauen, selbst wenn man sich, so wie ich, nicht wirklich für Kunst interessiert. Um die kalte und dunkle Jahreszeit noch auszunutzen, mach ich mich an diesem Samstag auf in die Midtown von Detroit, ins Museumsviertel, wie es in Deutschland genannt werden würde.

Sschon von außen imponiert das Museum mit seinem weißen Marmor und den einfach gigantischen Ausmaßen und das mitten in der Stadt.
Durch mein im Vorfeld heruntergeladenes Ticket kann ich direkt ins Museum, etwas überraschend möchte aber niemand meinen Ausweis kontrollieren. Im Internet musste ich nämlich lediglich den Zip-Code eingeben und wurde so als braver Tax-Payer identifiziert – wodurch ich das Museum wie erwähnt kostenfrei einen Besuch abstatten kann.
Direkt beim Betreten der Empfangshalle werde ich freundlich von einer Museumsmitarbeiterin angesprochen und gefragt, ob ich mir heute etwas bestimmte anschauen möchte, ich noch weitergehende Informationen benötige und sonstige Fragen habe. Wow!
Ich erwidere, dass ich einfach erstmal einen Eindruck gewinnen möchte und alles in Ruhe genießen möchte. Mit einem kleinen Lageplan bewaffnet mache ich mich auf die Suche nach dem Anfang … den es so aber nicht richtig gibt. Es ist alles sehr offen und frei gestaltet. So auch das Atrium, in welchem ich stehen. Erst jetzt bemerke ich so richtig, dass es hier noch 3 Etagen hochgeht!
Ich beginne meinen Rundgang schließlich mit der Ausstellung über die indigene, amerikanische Bevölkerung. Ein bisschen fühle ich mich an ein Roemermuseum erinnert. überall gibt es diverse Vasen, Kleidungsstücke oder Handwerkzeuge zu sehen. Dem schließen sich dann kleine, Voodopuppen ähnliche Figuren an. Was sich jetzt eben erzählt hat waren in Wirklichkeit etliche Quadratmeter Ausstellung, die sich dann aber doch regelmaessig wiederholen. Aber es sind allein hier viele Jahrhunderte historischer Kunst zu sehen.
Vom amerikanischen Kontinent schlendere ich weiter in die sich anschließenden Ausstellungen zu internationalen Völkern. Ägypten, Indien, China, Europa … jeder Kulturkreis ist hier in seiner fruehzeitlichen Kunsthistorie dargestellt. Am meisten beeindrucken mich die Sarkophage im ägyptischen Teil. Passend zur prachtvollen Außenansicht gibt es ein Röntgenbild des Inhalts – gruselig und faszinierend zugleich. Aber es muss auch etwas deprimierend für den zur Ruhe gefundenen sein. Anstatt mit reichlich Gaben ins Jenseits gereist zu sein, steht man nun im dunklen Geschoss eines Museums, tausende Kilometer vom eigentlichen zu Hause entfernt.
Obwohl die Amerikaner in der Regel nicht besonders genderfreundlich und offen gegenüber neutralen Bezeichnern sind, wird hier konsequent die Bezeichnung before respektive the common era verwendet, die v. Chr. und n. Chr. in nicht religiöser Ausdrucksweise repräsentiert – dankenswerterweise ohne Offset!
Nachdem ich die erste Etage „ab“geschlendert habe frage ich mich, ob ich mir das Museum falsch vorgestellt habe. Erwartet hatte ich eigentlich eine reine Ausstellung von Gemälden – auch wenn mir die Skulpturen, Figuren etc. gut gefallen.
Doch beim Aufgang zur nächsten Etage (über ein überdimensionale, Marmortreppe) merke ich, dass ich jetzt erst das eigentlich Museum betrete. Aus der normalen Etagenhöhe wird eine bombastische, riesige Halle, die mehr an ein großes Kirchenschiff erinnert. Die Halle wird durch die riesigen Fenster in der Decke lichtdurchflutet. Ich hatte tatsächlich länger kein so großes wow-Gefühl. Stück für Stück verstehe ich die jetzt kommende Thematik, rund um die riesige Halle sind Themenausstellungen zu den großen Künstlern des europäischen Mittelalters, das aufkommende Amerika und vieles vieles mehr. Es ist einfach alles größer, weiter, gigantischer!
Ich komme einfach aus dem Staunen nicht mehr heraus. Jeder Raum überrascht mit noch größeren und farbenfroheren Gemälden, die teilweise surreal, teilweise photorealistisch wirken. Besonders spannend ist ein riesigen Werk, welches der Maler mehrmals verändert hat, in dem er Personen übermalt und verschoben hat, dann aber vor Fertigstellung verstorben ist, wodurch einige Personen halb übermalt, halb an anderer Stelle vorgezeichnet sind.
Neben der großen Halle ist die das industrielle Fresko Detroits, welches eine Würdigung der goldenen Zeit Detroits, zu Beginn des letzten Jahrhunderts, darstellen soll. In mehreren Ebenen sieht man Arbeiter, welche unter unmenschlichen Bedingungen schufteten und so Detroit zur damals reichsten Stadt der USA verhalfen.
Allein auf dieser Etage des Museums gibt es noch so viele Ausstellungen, dass man dafür ein ganzes Wochenende benötigen würde. Da mich schon wieder diese Schlendermüdigkeit einholt, begebe ich mich zurück auf Los und mache halt in der Cafeteria. Nach einer kurzen Stärkung beschließe ich mir noch eine Etage anzuschauen und den Rest, sowie die noch offenen Ausstellungen im Detail, für ein anderes mal zu aufzuheben.
Doch so ganz schaffe ich den Plan nicht, nach der Hälfte der dritten Etage muss ich einfach aufgeben. Zu viele Bilder, zu viele Räume gibt es hier … und ich kann nichts mehr wirklich aufnehmen. Immerhin bin ich auch schon seit knapp 4 Stunden im Museum. Ich lasse mich in einen der unzähligen Sesseln fallen und überlege wie ich weiter vorgehen soll. Also … was ich wo essen möchte. Google Maps offenbart eine Vielzahl von Bars, Pubs und Restaurants in der Nähe, die zwar nicht ganz so modern und hip aussehen wie die, in der Downtown, aber trotzdem vielsprechende Speisekarten und Google-Bewertungen haben!
Sehr Happy suche ich mir eine Bar mit ordentlicher Speisekarte aus und verlasse das Museum diesmal durch den Haupteingang – der an einer der großen Verkehrsachsen liegt. Und hier gibt es sogar tatsächlich eine Straßenbahn, die Q-Line, von der ich schon viel gelesen, aber eher wenig gesehen haben … Doch wirklich weit weg ist die Bar nicht, sodass ich mich, ganz unamerikanisch, zu Fuß auf den Weg mache. Und der Weg hat sich gelohnt – der Burger, mein erster Burger 2023 und tatsächlich auch der erste Burger seit längerem, weiß zu gefallen!
Bestens gesättigt und mit wahnsinnigen Eindrücken im Kopf geht es zurück nach Hause! Doch eins steht fest, das nächste Wochenende kommt und … es gibt noch so viele Museen zu besuchen!